Sterben : zwischen Würde und Geschäft

Loewit, Günther, 2014
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Medienart Buch
ISBN 978-3-85218-971-0
Verfasser Loewit, Günther Wikipedia
Systematik 17 - Ethik
Schlagworte Tod, Sterben, Sterbehilfe, Würde
Verlag Haymon
Ort Innsbruck
Jahr 2014
Umfang 327 S.
Altersbeschränkung keine
Reihe Haymon tb
Reihenvermerk 171
Sprache deutsch
Verfasserangabe Günther Loewit
Annotation Quelle: Pool Feuilleton;
Jedes Buch löst in der Leserschaft Reaktionen aus, aber darüber hinaus ergibt sich auch ein Wechselspiel zwischen Leseambiente und Lektüre. Ein Buch über das Sterben wirkt in einem Umfeld voller Apps wischender Kids und in Krimis blätternden Bobos geradezu elementar herausragend.
Der Arzt, Philosoph und Fiktionalist Günther Loewit hat nämlich ein kleines Handbuch über das Sterben geschrieben, worin Elemente eines Sterbe-Lexikons, Fall-Geschichten und Essays zu einem logischen Grundgedanken verknüpft sind. Wenn wir schon über die Geburt halbwegs ausgelassen mit Bräuchen und Feiern herziehen, könnten wir dann nicht auch das Sterben in Würde und Freiheit ins Auge fassen.
Als Arzt hat Günther Loewit mannigfach mit dem Sterben zu tun "und das eigene Lebenswerk kann jederzeit am Ortsfriedhof bewundert werden." (15) Für die Medizin ist der Tod vor allem eine Bedrohung, denn nach dem Begräbnis kann man mit dem Toten keine Geschäfte mehr machen. Dabei hat sich in den letzten Jahrzehnten die Medizin in die Gesellschaft eingenistet wie früher eine Religion, sie gibt überall ihren Senf dazu und kennt dabei weder Maß noch Ziel. Wie wäre es sonst zu erklären, dass man einem Neunzigjährigen noch Cholesterin senkende Mittel gibt, um spätere Störungen an den Blutgefäßen zu vermeiden. In den letzten Lebens-Wochen wird überhaupt alles verpulvert, im wahrsten Sinne des Wortes, was man in einen Patienten hineinpulvern kann. So ist es auch kein Wunder, dass wir nur noch unter Protest sterben. (26) Und wozu sterben, wenn das Leben nicht mehr mit dem Tod enden muss? (34)
Andererseits ermöglicht es die ungerechte Verteilung der Todesangst auf die Lebenszeit alten Männern, die sich vor dem Tod fürchten, die Jungen, die noch keine Ahnung vom Sterben haben, in Kriege und in den Tod zu schicken.
In Fallbeispielen zeigt der Autor, wie das Leben vielleicht verlaufen könnte, wenn man es nicht ständig aus dem Gleichgewicht bringen würde, was die Gesellschaft mit Krankheit und Tod im Schilde führt, und wie sich die Medizin teilweise zum Selbstzweck verkommen vom Leben abwendet.
Viele Einträge lassen sich als Gespräch lesen, das der Arzt mit einem führt, der es gerade mit Pflegestufe, pränataler Untersuchung oder "Sterbehilfe" zu tun bekommen hat.
Natürlich lässt sich ein Thema, das sämtliche Religionen, Philosophien und Literaturen beschäftigt, nicht mit einem einzigen Gedankengang abwickeln, aber der Loewitsche Zugang ist beeindruckend: "Am Ende eines Lebens zu sterben ist nicht unsicherer, als an seinem Anfang geboren zu werden."
In seinem abschließenden Testament-Gedicht heißt es: "So wird durch mein Ende nur / jenes Gleichgewicht wiederhergestellt werden, /das durch meinen Anfang gestört wurde." (327)
Helmuth Schönauer

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